Page 15 - Hund & Jagd Nr.1
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Titelthema
So führte das Gericht aus, dass, selbst wenn der Hund nach
der Operation der ED beschwerdefrei sein mag, der Hund
durch die operative Behandlung nicht in einen „vertrags-
mäßigen Zustand“ versetzt werden könne. Die HD und der
Kryptorchismus seien auch nach der OP der ED unverändert
vorhanden und vor allem nur mit einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand zu beseitigen.
Auch wies das Gericht deutlich daraufhin, dass auch die
Operation der ED selbst keine Sachmangelbeseitigung dar-
stellt. Maßnahmen, die den körperlichen Defekt eines Tieres
nicht folgenlos beseitigen können, sondern andere Risiken
erst selbst hervorrufen, sind nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes nicht zu einer nachhaltigen Mangelbe-
seitigung nach § 439 Abs. 1 BGB geeignet [BGH NJW 2005,
2852 (2854)].
Auch die Lieferung einer mangelfreien Sache nach § 439
Abs. 1 BGB war dem Züchter nicht möglich, da die Lieferung
eines anderen Welpen aufgrund der mittlerweile zu dem
Rüden hergestellten Bindung für den Käufer nicht in Betracht
kam. Der Züchter konnte damit seiner Verpflichtung zur Lie-
ferung eines mangelfreien Tieres weder durch die Beseiti-
gung des Mangels noch durch Ersatzlieferung erfüllen, so
dass dieser nach § 275 BGB von der Nacherfüllung freige-
worden ist. Darüberhinaus durfte der Züchter die Nacherfül-
lung auch wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, §
439 Abs. 3 BGB.
Foto: Elke Funke
erkrankt wären, würde ein Verschulden hieraus nicht herge-
leitet werden können.
Etwas anderes wäre es sicherlich dann, wenn dem Züchter
bekannt gewesen wäre, dass aus der Verpaarung der Eltern-
tiere bereits Welpen mit entsprechenden genetischen Defek-
ten hervorgegangen wären.
Ob dem Käufer des erkrankten Rüden das Recht zur Minde-
rung des Kaufpreises zustand, war in dem Rechtsstreit vor
dem Landgericht Mosbach nicht zu entscheiden.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung und der
Tatsache, dass der streitgegenständliche Hund massiv er-
Fraglich war, ob der Käufer eventuell die Tierarztkosten un- krankt war, dürfte eine Reduzierung des Kaufpreises auf null
ter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruches angemessen und durchsetzbar sein. (LG Düsseldorf, Urteil
geltend machen konnte. Ein Schadensersatzanspruch ge- vom 19. November 2007-12O18/07; LG Kleve, Urteil vom
genüber einem Züchter setzt jedoch voraus, dass dieser den 21. November 2003 - 5 S 99/03).
genetischen Defekt zu vertreten bzw. schuldhaft mit Blick auf Die hier skizzierten Grundsätze zur Haftung von Züchtern bei
das Vorhandensein einer genetischen Störung bei Übergabe genetisch bedingten Erkrankungen beruhigen sicherlich, dür-
des Hundes gehandelt hat. fen aber nicht zu einem sorglosen Umgang mit dem Risiko
Bei dem von dem Landgericht Mosbach zu entscheidenden genetisch bedingter Erkrankungen oder Defekte in der Zucht
Fall konnte ein Verschulden des Züchters nicht festgestellt führen. Ungeachtet dieser juristischen Bewertung bleibt es
werden. Dass der Züchter nicht dem VDH bzw. einem die- bei der züchterischen Verantwortung; das Leid der jungen
sem zugehörigen Zuchtverband angehörte, reichte alleine erkrankten Hunde ist unermesslich.
nicht aus, um einen Schuldvorwurf zu begründen. Selbst Rechtsanwältin Susan Beaucamp
wenn die Wurfgeschwister des Welpen ebenfalls an einer HD www.kanzlei-sbeaucamp.de
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